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6th Todd-AO Festival Review | Read more at in70mm.com The 70mm Newsletter
| Written by: Anna Rudschies. Originally published in Laser Hotline Newsletter #279. Re-Printed by permission | Date: 23.10.2010 |
Master & Commander of Cool Schauburg, and KING of 70mm world Herbert Born, pointing towards S#1 facilities. Image by Pauline Fabry
Im Oktober ist die Filmfestival-Saison zu Ende. Die Blicke richten sich nach Hollywood, wo die ersten Oscar-Nominierungen für das kommende Jahr bekanntgegeben werden. Doch der Oktober schenkt uns auch, nun seit sechs Jahren, das beste Filmfestival der Welt. Vergessen Sie Cannes, Sundance, Venedig oder Berlin! Karlsruhe is the place to be. Das Todd-AO 70mm Festival im Schauburg Kino ist einmalig, grandios und garantiert Paris-Hilton-frei.
Zum sechsten Mal also lockte es 70mm-Fans, die Extremsportler unter den Filmliebhabern, nach Karlsruhe. Am Freitagmorgen sorgte Herbert Born dafür, dass uns Filmfreaks der Nachwuchs nicht ausgeht. Er zeigte “Doctor Dolittle” mit Rex Harrison, ein eigentlich nicht besonders gutes Musical, dafür aber kindertauglich. Scharen von kleinen Zuschauern quietschten, lachten und wurden hinter die legendäre Schauburg-Leinwand gelassen, um die Magie des Mediums Film besser zu verstehen. Fasziniert wurde der silberne Stoff gestreichelt, ein voller Erfolg in Sachen Nachwuchssicherung.
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Pauline Fabry
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70mm cans - or military secrets? Image by Pauline Fabry
Weiter ging es, ohne Kiddies, mit dem wenig bekannten “Circus World”, ein Film mit solchen Größen wie John Wayne, Claudia Cardinale, Rita Hayworth und Lloyd Nolan. Trotz eines leicht antiklimatischen Endes und einer heruntergekommenen Hayworth – sie litt wohl schon 1964 an Alzheimer und Alkoholsucht – ist der Film sehr sehenswert. Das musikalische Thema “Circus World”, von keinem geringeren als Dimitri Tiomkin geschrieben, spukt mir bis heute im Kopf herum. Und John Wayne ist eben nie schlecht. Auch die Flammeninferno-Szenen sind beeindruckend und würdig jeden modernen Actionfilms. Eines meiner persönlichen Highlights war der Abschlussfilm am Freitag: “Indiana Jones and the Temple of Doom”. Zwar “nur” ein 70mm Blow-up, aber trotzdem herrlich. Obwohl er nicht der beste Indiana-Jones-Film ist, so ist er dennoch der erste Indie, an den ich mich gut erinnere. Als kleines Mädchen liebte ich Kate Capshaws chinesische Version von “Anything Goes”, ihr anhaltendes Gekreische, den putzigen Short Round und das eklige Essen im Maharadscha-Palast. All das und vieles mehr entdeckte ich am Freitag wie zum ersten Mal, obwohl ich den Film auswendig kenne. Nur 70mm hat die Macht, einem wirklich alles zu zeigen und einen in den Film eintauchen zu lassen.
Nach einem traditionell köstlichen Schauburg-Frühstück ging es am Samstag gestärkt in den ersten Film: Grease! Auf diese Vorführung hatte ich mich seit Monaten gefreut. Das schmierige Musical gehört zu meinen Lieblingsfilmen des Genres und ist einzigartig in 70mm. Erwartungsgemäß. Bei jedem Song wippte ich mit (wohl sehr zum Leidwesen meiner Sitzreihe); es benötigte jedes Atom Selbstkontrolle in mir, nicht lauthals mitzusingen. Zu Ehren des Films hatte ich sogar geschwungenen schwarzen Eyeliner aufgetragen. Nach diesem Höhepunkt fiel es mir schwer, den Rest des Tages nicht als weniger unterhaltend zu empfinden. Doch die folgenden Filme waren, wenn nicht immer gut, dann zumindest einzigartig.
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Is it a Bird? Is it Plane?, No it's IMAX Amazing Large Format. Image by Pauline Fabry
“Scent of Mystery”, ein filmisches Museumsstück da der einzige Film, der je in Smell-o-Vision produziert wurde. “First they moved! Then they talked! Now they smell!” Dieses Verfahren sollte den Film olfaktorisch unterstützen, indem Gerüche in den Saal gepumpt wurden, was Herbert Born uns nicht angetan hat. "Scent of Mystery" wurde speziell für Smell-o-Vision geschrieben. Ein wichtiger Hinweis in diesem behäbigen Krimi hat z.B. mit dem Parfüm der entführten Dame zu tun. Obwohl dieser unkomische, langatmige Film – der die wohl langweiligste automobile Verfolgungsjagd der Filmgeschichte beinhaltet – nur schwer zu ertragen ist, so ist es dennoch höchst interessant, ihn gesehen zu haben. Wie viele Filmfans können schon von sich behaupten, Elizabeth Taylor einmal (fast) in Smell-o-Vision gesehen zu haben? Nur die, die sich im Oktober in Karlsruhe versammeln!
Am Samstag wurde uns noch John Fords “Cheyenne Autumn” zuteil, einer von Fords letzten Filmen. Als Galavorstellung erwartete uns “Lord Jim”, ein düsterer, deprimierender Film mit Peter O’Toole in der Hauptrolle. Der Film hat Nachteile, die hauptsächlich im Drehbuch liegen. Die Fotografie, das Licht und O’Tooles Spiel sind hervorragend. Christian Appelt, Mitarbeiter am Frankfurter Filmmuseum, berichtete nach dem Film, dass er zweimal “fast einen 3D-Effekt” erlebt hätte, z.B. bei einer Großaufnahme von O’Tooles Gesicht. Ich kann ihm nur zustimmen.
Der Sonntag eröffnete mit “King of Kings”, einem Film über Christus‘ Lebensgeschichte. Obwohl ich nicht religiös bin, hat mich der Film doch sehr berührt. Der junge Jeffrey Hunter als Jesus ist genau passend gecastet. Rip Torn als Judas und Robert Ryan als Johannes der Täufer ebenso. Der Film ist dramatisch und bibelnah aber nie kitschig. Nach dem Screening fragte ich Pfarrer Willy Egger aus der Schweiz (als 70mm-Fan in meinen Augen der coolste Pfarrer der Confederatio), wie er den Film gefunden habe. Egger war zutiefst gerührt, berichtete, bei ihm “seien Tränen geflossen”. Er würde sich sehr freuen, so doch noch zu einer Art Gottesdienst gekommen zu sein. Meinerseits kann ich dazu nur hinzufügen: wenn Gottesdienste immer so wären, wäre ich sicherlich jeden Sonntag in der Kirche.
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"Who want an extra special ½-liter Munchen brew to sleep on? - raise your hands, please" Image by Pauline Fabry
Vor der Kaffeepause kriegten wir noch sowjetischen Besuch, mit dem Sovscope 70 Film “Das Zigeunerlager zieht in den Himmel”. Ein Film, dessen Handlung in 10 anstatt 100 Minuten gepasst hätte, dessen filmhistorischer Wert aber unschätzbar ist. Kaffee und Kuchen hatten wir uns verdient. Dann ging es nach Afrika mit Meryl Streep und Robert Redford. Ich hatte den Film nie zuvor gesehen und bin froh, meine Premiere in 70mm erlebt zu haben. Während ich diese Zeilen tippe, steigen mir bei der bloßen Erinnerung an die Flugszene die Tränen in die Augen. Die Poesie und Kraft die nicht nur von Meryl und Robert ausgehen, sondern auch von den fantastischen Bildern Afrikas, sind überwältigend. “Out of Africa” gehört seit dem 3. Oktober dieses Jahres zu meinen Lieblingsfilmen.
Als Abschluss des Festivals gab es ein ganz besonderes Schmankerl. Zum Screening von “The Golden Head”, einem Kinderkrimi von 1964, hatte Schauburg-Leiter Herbert Born den Schauspieler und Sänger Jess Conrad eingeladen. Conrad spielt in dem Film den älteren Bruder und sah den Film an diesem Sonntagabend zum ersten Mal. Er stand dem Publikum in unnachahmlicher Weise Rede und Antwort und signierte in der Pause fleißig Autogramme, für 2€ das Stück.
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"My goodness, I look terrific in 70mm!!" Image by Pauline Fabry
Ich komme seit dem ersten Todd-AO 70mm Festival nach Karlsruhe. Es war immer außergewöhnlich, doch dieses Jahr war es perfekt. Nach ein paar Jahren in denen deutsche Synchronfassungen dominierten, gab es 2010 fast nur Originalversionen, sehr zur Freude aller Gäste. Die Besucher - u.a. aus der Tschechischen Republik, Frankreich, Holland, Dänemark, Schweiz, USA – waren bester Laune. Wir haben, wieder einmal, viel voneinander gelernt. Auch die Anwesenheit von zwei sehr sympathischen Fotografen war wunderbar. Dieses Jahr gab es ein professionell zusammengestelltes Gruppenfoto – bei dem Versuch, uns alle auf der Märchentreppe der Schauburg zu drapieren, wurde es sehr… kuschelig. Dass die Fotografen beim Bilderschießen immer ein externes Blitzgerät hochhielten, gab dem Ganzen noch eine Prise Old-Hollywood-Glamour, was mir als Frau natürlich besonders gefallen hat. Die Verpflegung, das Bier, das Programm, die Einführungen, die Gäste, das Timing der Filme (mit schön viel Atempausen zum Essen und Schwätzen) – es stimmte einfach alles.
Eigentlich habe ich jetzt nur ein Problem: Als Journalistin ist mir Objektivität nicht unwichtig. Ich habe hier nur gelobt. Seitdem ich diese Kolumne plane, versuche ich, etwas Schlechtes am diesjährigen Festival zu finden. Der Fairness wegen. Lieber Herr Born … ich habe nichts finden können. Nobody does it better.
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28-07-24 | |
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